Immer wieder werden wir gefragt: Wie soll das denn aussehen? – Dafür gibt es, solange wir noch keinen Hof gefunden haben, ziemlich viele denkbare Möglichkeiten.
Ein Bauer oder eine Bauernfamilie könnte merken, dass sie von unserem Projekt profitieren kann. Wenn beispielsweise keine Nachkommen da sind, die den Hof übernehmen wollen, könnte der Bauer oder die Bäuerin ihre Landwirtschaft weiter betreiben, so lange es geht, unterstützt durch Menschen aus unserem Umkreis. Und wenn nötig, könnte der Bauer auf seinem eigenen Hof gepflegt werden, z.B. in der geplanten Pflege-Wohngemeinschaft, und sogar auf seinem Hof eines Tages gut unterstützt und gepflegt sein Leben beenden.
Oder ein Jungbauer oder eine Jungbäuerin möchte den Hof, den sie erbt oder erben wird, nicht wie ihre Eltern bewirtschaften, sondern Neues wagen. Vielleicht ist der Hof zu klein für Vollerwerbs-Landwirtschaft und es bietet sich an, als zweites Standbein die Pflege von Menschen hinzu zu nehmen, vielleicht wird sogar schon die Großmutter im Bauernhaus gepflegt. Da liegt es nahe, weitere pflegebedürftige Menschen aufzunehmen und eine Pflege-WG daraus zu machen. Vielleicht sind Ferienwohnungen vorhanden, die zum Mehrgenerationen-Wohnprojekt umgewandelt werden können.
Es könnte auch sein, dass ein Landwirt seinen Hof nicht mehr völlig alleine betreiben und verantworten will und bereit ist, ihn mit uns zusammen in eine Genossenschaft umzuwandeln. Dann haben alle, die auf dem Hof leben und arbeiten, als Genossen gemeinsam die Verantwortung. Wenn genug Platz für Pflege-WG und Wohnprojekt ist, kann daraus ein Dorf im Kleinformat werden, an dem alle gleichermaßen aktiv beteiligt sind.
Natürlich können wir auch einen Hof kaufen, den ein Bauer aufgeben will, z.B. weil er sich irgendwo anders zur Ruhe setzt, sei es bei seinen Kindern in Norddeutschland oder im sonnigen Florida. Dann müssten wir das nötige Geld auftreiben, eine neue Landwirt:in finden, ggf. neue Tiere anschaffen usw. – auch möglich, aber nicht unsere Wunschvorstellung. Hätte immerhin den Vorteil, dass alles neu anfangen könnte und weniger Reibung zwischen Tradition und Neuem zu erwarten wäre.
Auch Miete wäre möglich. Zum Beispiel wenn jemand ein ungenutztes Bauernhaus gekauft hat und selbst nicht nutzen will. Dann muss voraussichtlich über ggf. notwendigen Umbau verhandelt werden. Und wir müssten, wie beim Kauf, Vieles ganz neu auf die Beine stellen.
Natürlich spricht auch gar nichts dagegen, uns einen Hof zu schenken. Für den guten Zweck: Pflege mit Wohnen und Landwirtschaft zu verbinden. Auch in diesem Fall könnte ein Bauer auf dem Hof bleiben bis nichts mehr geht und schließlich gepflegt werden.
Eine mögliche Variante soll noch erwähnt werden: Es könnte ein Lebens- oder Gnadenhof entstehen, auf dem Tiere nicht verwertet werden, sondern ihr Leben genauso wie die pflegebedürftigen Menschen in Ruhe zu Ende führen dürfen. Eine reizvolle Vorstellung, die z.B. von Zeitgenoss:innen favorisiert wird, die aus Tierwohl-Gründen vegetarisch oder vegan leben. Diese Variante würde allerdings, neben dem Aufbau einer Pflege-WG für Menschen und eines Mehrgenerationen-Wohnprojekts, auch die Finanzierung des Unterhalts der Tiere erfordern. Wir halten das im Moment für eine zu große Herausforderung für unsere kleine Gruppe.
Die Idee vom Dorf im Kleinformat ist allen diesen Möglichkeiten gemeinsam. Wenn Hof, Pflege-WG und Wohnprojekt noch durch eine Natur-Kita im Bauwagen ergänzt werden, ist das Dorf komplett. Jung und Alt und alle Dazwischen bilden ein lebendiges Ganzes, das atmet, indem die Welt von draußen hineinkommt und die Hofbewohner erleben, was draußen in der Umgebung, in der Gemeinde, im Tal passiert.
Und wenn ein Hof zu klein für unser Projekt ist, könnten sich mehrere Höfe, die nicht allzu weit auseinander liegen, zusammenschließen.
Klingt utopisch? Klar. Aber Neues wurde immer durch mutiges und großes, ja utopisches Denken geschaffen. Nie durch Fortsetzung dessen, was schon immer war. Wir vertrauen darauf, dass in Krisenzeiten nicht nur die Angst vor Katastrophen und sozialem Abstieg wächst, sondern auch die Bereitschaft, Zukunft zu gestalten, Neues zu denken und zu erproben.
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